Fixsterne stehen nicht fest am Himmel
von Winfried Kräling
Der Juni ist der erste Sommermonat. Der meteorologische Sommer beginnt am 1. Juni, Sommeranfang aus astronomischer Sicht ist am 21. Juni, 13:28 Uhr, wenn die Sonne ihren nördlichsten Punkt ihrer scheinbaren Bahn erreicht hat. Diese nördliche Stellung bedeutet, dass zu diesem Datum die Tage am längsten und die Nächte am kürzesten sind. Für Bewohner des Polarkreises geht am 21. Juni – dem Tag der Sommersonnenwende – die Sonne überhaupt nicht unter und auch im Norden Deutschlands wird es selbst um Mitternacht nicht richtig dunkel.
Trotz obigen beschriebenen Verhältnissen müssen Sternfreunde nicht ganz auf den Anblick des Sternhimmels verzichten, bereits in der Dämmerung lassen sich die hellen Planeten beobachten und im Laufe der Nacht erscheinen immer mehr Sterne im Zenit oder in südlicher Richtung, während im Norden ein matter Lichtsaum am Horizont oder sogar leuchtende Nachtwolken von der Sommersonnenwende künden. Am ersten wird der Planet Venus sichtbar, der im Juni als leuchtender Abendstern kurz nach Sonnenuntergang über dem nordwestlichen Horizont gesehen werden kann. Ein Blick auf den Einsatz in der Sternkarte zeigt, dass Venus eine deutliche Phase hat, was sich sehr leicht in einem kleinen Fernrohr erkennen lässt.
Im gleichen Maßstab ist dort auch der Planet Mars zu sehen, in Folge seiner zunehmenden Distanz zur Erde ist sein Durchmesser so klein geworden, dass in Teleskopen kaum noch Oberflächendetails erkannt werden können. Venus und Mars sind nach dem Mond unsere nächsten Nachbarn im All. Der Mond ist rund 384000 km von der Erde entfernt, ein Lichtstrahl - der sich bekanntlich mit ca. 300000 km in der Sekunde bewegt – würde für diese Distanz etwas mehr als eine Sekunde benötigen. Wenn uns Venus auf ihrer Innenbahn überholt, trennen uns 2,3 Lichtminuten von diesem Planeten. Der mittlere Abstand zu Mars, wenn dieser ebenfalls in Erdnähe steht, beträgt etwas über 4 Minuten.
Das Licht, das wir vom Planeten Saturn erblicken, war ca. 70 Minuten auf der Reise bis es zur Erde gelangte. Der Ringplanet steht im Sternbild Jungfrau und kann in der Abenddämmerung über dem südwestlichen Horizont aufgefunden werden. Der helle Planet Jupiter steht im Sternbild Fische und ist am Morgenhimmel in südöstlicher Richtung gar nicht übersehbar.
Unsere Sternkarte zeigt Sommersternbilder wie Leier, Herkules, Schütze, Skorpion und den Schlangenträger. Letzte Konstellation zählt zu den weniger bekannten Sternbildern, doch ganz zu unrecht, da sie einige helle Deepsky- Objekte und einen sehr lichtschwachen aber bekannten Fixstern enthält. Bei diesem handelt es sich um Barnards Stern, den zweitnächsten Fixstern am Himmel. Um das nächste Sternsystem Alpha Centauri zu beobachten, muss man sich auf einen Breitengrad von 28° (Kanaren, Ägypten..) oder südlicher begeben. Alpha Centauri steht 4,4 Lichtjahre von uns entfernt, das heißt auch, dass das Licht, das wir jetzt von diesem Stern sehen, 4 Jahre und 5 Monate auf der Reise war, um zu uns zu gelangen. Wem eine Reise zu den Kanaren zu weit ist, der kann zumindest den zweitnächsten Fixstern auch Zuhause erkennen, er benötigt jedoch ein lichtstarkes Fernglas oder kleines Teleskop dazu. Barnards Stern im Sternbild Schlangenträger (siehe Zusatzgrafik und Aufsuchkarte in dieser) ist 5,9 LJ (=Lichtjahre) von uns entfernt und er zählt zu der Klasse der roten Zwergsternen mit einer geringen Leuchtkraft, die etwa 10.000-mal schwächer als die unsrer Sonne ist. Er wurde nach dem amerikanischen Astronomen Edward Emerson Barnard benannt, der im Jahre 1916 entdeckte, dass dieser Stern die höchste Eigenbewegung aller Fixsterne aufweißt. Diese Aussage klingt für den Laien zunächst etwas widersprüchlich, da doch Fixsterne im Gegensatz zu den Planeten (den Wandelsternen) am Himmel feststehen (fix sind). Für das bloße Auge ist dies bezogen auf ein Menschenleben auch so, aus diesem Grunde wurden sie von unseren Vorfahren auch so benannt. Mit modernen Messmethoden und über große Zeiträume hinweg ist auch bei den so genannten Fixsternen eine Bewegung am Himmel festzustellen. Barnards Stern bewegt sich am Himmel so schnell, dass er in 180 Jahren die Strecke von einem Mondrand zum anderen wandern würde, diese Bewegung kann heute selbst von Liebhaberastronomen innerhalb eines Jahres nachgewiesen werden.
Ebenfalls ein Fernglas oder Teleskop ist nötig zur Beobachtung der bereits erwähnten Deepsky- Objekten. An erster Stelle seien da die Kugelsternhaufen M10 und M12 (siehe Abbildung in Zusatzgrafik) genannt, die beide in einem Fernglas als verwaschene Nebelflecke gesehen werden können. Mit größeren Amateurteleskopen lassen sich auch einzelne Sterne in den Sternhaufen erkennen. Die Entfernung zu M10 beträgt ca. 14000 LJ und zu M12 sogar 18000 LJ. Für die Beobachtung des offenen Sternhaufens NGC 6633 ist ein Fernglas bestens geeignet, ca. 30 Sterne verteilen sich auf die Fläche, die der Vollmond am Himmel einnimmt. Noch weiter ausgedehnt ist der Sternhaufen IC 4665, der etwa zwei Dutzend Einzelsterne aufzuweisen hat. Zur Beobachtung des planetarischen Nebels NGC 6572 sei ein Teleskop ab etwa 70mm Öffnung angeraten, in einem solchen Instrument ist NGC 6572 als bläulich grüne Ellipse zu erkennen.