„Supererde“ im Krebs – kommt dem Begriff Hölle am nächsten
von Winfried Kräling
Den Monat März verbindet man mit dem Frühling. Nicht nur weil am 1. März der meteorologische Frühling und am 21., zur Tag- und Nachtgleiche, der astronomische Frühling beginnt, sondern auch weil die Natur mehr und mehr zu sprießen beginnt. Die Bezeichnung Frühling stammt aus dem 15. Jahrhundert, zuvor wurde diese Jahreszeit der Lenz genannt. Dieser Ausdruck leitet sich von Lengzo ab, was so viel wie „länger werden“ bedeutet und auf die nun wieder länger werdenden Tage zurückzuführen ist.
Dass die Tage wieder merklich länger werden, merkt der Sternfreund auch daran, weil nun Sterne und Planeten auch wieder später am Himmel erscheinen. Der nur selten sichtbare Planet Merkur zeigt sich in der zweiten Märzdekade kurz nach Sonnenuntergang knapp über dem westlichen Horizont in der Abenddämmerung. Der wesentlich hellere Jupiter, der im März an den Taghimmel wechselt, kann als Aufsuchhilfe verwendet werden. Zwischen dem 13. und dem 18. März stehen beide Planeten gemeinsam im Gesichtsfeld eines Fernglases. Der Einsatz in der Sternkarte zeigt die Größenverhältnisse der Planeten, wie man sie zur Monatsmitte in einem Teleskop erkennt. Obwohl Jupiter fast 5 ½ - mal weiter von der Erde entfernt ist, zeigt sich uns der Riesenplanet um ein vielfaches größer als das Merkurscheibchen. Trotz der scheinbaren Nähe am westlichen Abendhimmel stehen beide Planeten am 15. März 717 Millionen Kilometer auseinander. Kaum sind Merkur und Jupiter im Westen untergegangen, erscheint am östlichen Horizont der Ringplanet Saturn. Ab etwa 22 Uhr steht er hoch genug, dass man in einem kleinen Teleskop das Ringsystem dieses Planten bewundern kann. 5 Jupitermonde sind in Amateurteleskopen sichtbar, Titan - der größte Saturntrabant – kann sogar mit einem Fernglas gesichtet werden. Venus ist auch im März Morgenstern, allerdings ist sie wenig auffällig, da sie in der hellen Morgendämmerung nur knapp über dem südwestlichen Horizont erscheint.
Wenn es nun dunkel genug geworden ist, zeigen sich neben den noch vorhandenen Wintersternbildern wie Orion, Fuhrmann und den Zwillingen auch am Himmel die ersten Frühlingsboten. Die Sternkarte zeigt auf der östlichen (linken) Seite Frühlingssternbilder, wie den Krebs, den Löwen und die Wasserschlange. Im Sternbild Krebs erkennt man in dunklen mondlosen Nächten mit dem bloßen Auge einen verwaschenen Nebelfleck, der uns bereits aus der Antike überliefert ist und M44, Praesepe, Krippe oder Bienenstock genannt wird. M44 ist einer der schönsten Sternhaufen am Himmel, er ist bereits mit dem bloßen Auge sichtbar, entfaltet seine volle Pracht jedoch erst in einem Feldstecher oder in einem kleinen Teleskop. Auf lang belichteten Fotografien oder in sehr großen Amateurteleskopen sind unter dunkelstem Himmel sogar einige Galaxien in dem Sternhaufen ausfindig zu machen. Natürlich befinden sich diese Galaxien nicht im Sternhaufen M44 selbst, der ja „nur“ 580 Lichtjahre (Lj) von uns entfernt ist, sondern mehr als 100.000-mal dahinter in einer Entfernung von Millionen von Lichtjahren. Fast noch unvorstellbarer als diese räumliche Dimension ist, dass sich Infolge der Ausdehnung des Universums, sich diese Galaxien pro Sekunde 4000 Kilometer von uns entfernen. Ein weiterer offener Sternhaufen ist in dem kleinen Sternbild Krebs zu finden, es ist M67, der in einem Fernglas als kleines Wölkchen wahrgenommen werden kann. Mit einem mittleren Amateurteleskop von etwa 150mm Öffnung sieht man auf engstem Raum etwa 100 Sterne. M67 ist etwa 2500 Lj von uns entfernt und gehört damit natürlich noch zu unserer eigenen Galaxie – der Milchstraße.
Der Stern Nummer 55 im Krebs (lat. Cancer; Abkürzung: Cnc) – besser bekannt als 55 Cnc oder 55 Cancri (siehe Zusatzgrafik) – ist wohl einer der meistbeobachteten Sterne in neuester Zeit. 55 Cnc ist ein Doppelstern, der 41 Lj von der Erde entfernt ist, zwischen 1996 und 2007 entdeckten Astronomen, dass gleich 5 der so genannten Exoplaneten, den Stern 55 Cancri umkreisen. Damit ist dieses Sternsystem nach unserem Sonnensystem, dasjenige mit den meisten Planeten in der Milchstraße (nach jetzigem Kenntnisstand). Ein Erdenjahr dauert bekanntlich 365,256 Tage, das von Merkur unserem innersten Planeten 88 Tage, und das von Neptun dem äußersten Planeten 164,8 Jahre. Die Planeten von 55 Cnc brauchen für einen Umlauf um ihr Zentralgestirn 2,8 Tage, 14,7 Tage, 43,9 und 260 Tage. Lediglich der äußerste Planet braucht für einen Umlauf 14 Jahre. Beim innersten dieser Planeten, 55 Cancri e, sprechen Astronomen von einer Supererde mit einer Masse von 10 Erdmassen. Doch infolge des geringen Abstandes (5,7 Mio. km = 4% des Erdabstandes zur Sonne) zu seiner Sonne, dürfen durch Hitze (1200°C) und Sternenwinde eine mögliche Atmosphäre längst ins All geblasen worden sein, Gravitationskräfte walken 55 Cancri e förmlich durch, sodass seine Oberfläche eine extreme Vulkanlandschaft vermuten lässt. 55 Cancri e ist ein Ort, der dem Begriff Hölle am nächsten kommt. Leben auf diesem Planeten ist dort mehr als unwahrscheinlich, diese findet man z.Z. nur auf der Erde.