Sidus Ludoviciana und die „Feuerradgalaxie“ sind im Mai optimal zu sehen
von Winfried Kräling
Der Wonnemonat Mai ist der klassische Frühlingsmonat, alle Zugvögel sind wieder zurück und ihr Gesang erfüllt Wald, Wiesen und Felder, die sich in einem zarten grün zeigen und mit einem Blütenteppich überzogen sind. Auch am Sternhimmel strahlen die Frühlingssternbilder wie Bootes oder Jungfrau und am Horizont taucht bereits der Skorpion auf, der schon zu den Sommersternbildern gezählt wird (siehe Sternkarte).
Auch helle Planeten sind in den schon recht kurzen Mainächten zu sehen. Venus ist im Mai als auffälliger Abendstern schon in der hellen Dämmerung mit dem bloßen Auge zu erkennen, in einem Teleskop kann man im Laufe des Monats beobachten, dass sie allmählich von der Kugelgestalt abweicht und eine dunkle Phase zu sehen ist.
Mars ist ebenfalls noch am Abendhimmel zu erkennen, doch nimmt infolge seiner zunehmenden Distanz zur Erde seine Helligkeit deutlich ab. Im Fernrohr sind nur noch größere Details sichtbar; Mars zählt nicht mehr zu den begehrteren Beobachtungsobjekten.
Ganz anders Saturn, der Ringplanet steht zum Beginn der Dunkelheit hoch im Süden, bereits kleinere Teleskope zeigen die Ringe des Saturns, die sich zurzeit fast von der Kante zeigen und somit recht schmal sind.
Der Riesenplanet Jupiter ist ein Beobachtungsobjekt für Frühaufsteher, am besten sieht man ihn in der Morgendämmerung über dem südöstlichen Horizont.
Das bekannteste Sternbild für die Bevölkerung ist der Große Wagen, fast jeder Sternwartenbesucher erkennt die sieben Sterne, die die Figur des Wagens formen. Allerdings ist diese Aussage nicht richtig, der Große Wagen ist kein eigenständiges Sternbild sondern nur das Hinterteil des Sternbildes Großer Bär, dem drittgrößten Sternbild am Himmel. Da das Sternbild Großer Bär – inklusive dem Großen Wagen – im Mai hoch am Himmel steht, sei ihm in diesem Beitrag etwas mehr Raum gewidmet (siehe auch Zusatzgrafik). Leider lässt sich durch die zunehmende Lichtverschmutzung in größeren Städten die Figur des Bären kaum noch beobachten, allerdings ist sie in ländlichen Regionen noch gut zu erkennen. Noch auffälliger waren die Figuren in der Antike und wohl manche klare Nacht ohne künstliche Beleuchtung dürfte die Fantasie früherer Generationen angeregt haben und so entstanden Mythen und Legenden um die Figuren des nächtlichen Himmels, wie diese aus dem antiken Griechenland. Zeus hatte die Nymphe Kallisto vergewaltigt. Kallisto wurde schwanger und brachte einen Sohn zur Welt, den sie Arkas nannte. Zeus' eifersüchtige Gattin Hera verwandelte daraufhin Kallisto in einen Bären, der durch die Wälder ziehen musste. Jahre später traf Arkas bei der Jagd auf seine Mutter, ohne sie zu erkennen. Um den Mord an seiner Mutter zu verhindern, versetzte Zeus die beiden an den Himmel – Kallisto als Große Bärin und Arkas als Kleiner Bär. Um die Figur des Bären zu erkennen (siehe Zusatzgrafik), betrachten wir den Wagen als den Hinterteil des Bären, der Stern Muscida bildet die Schnauze des Bären, die Sterne Alula Borealis / Australis sowie Tania Borealis / Australis die Hinterbeine und der Stern Talitha die Vorderfüße der Bärin.
Einer der bekanntesten Doppelsterne am Himmel ist Mizar, der bekannte Augenprüfer. Dieser Stern in der Deichsel des Wagens oder im Schwanz des Bären hat einen Begleiter namens Alkor, der bereits mit dem bloßen Auge erkannt werden kann. Mit einem Teleskop ist zu erkennen, dass Mizar selbst wiederum ein Doppelstern ist und Alkor weit von Mizar entfernt steht. Etwa in der Mitte dieser beiden Sterne, fast ein gleichseitiges Dreieck bildend, steht ein unscheinbarer Stern mit der Bezeichnung HD 116798. Dieser Stern hat allerdings auch den wohlklingenden Namen Sidus Ludoviciana (Ludwigs Stern) und das kam so: Am 2. Dezember 1722 beobachtete Johann Georg Liebknecht diesen Stern mit einem Fernrohr am Observatorium der Ludoviciana in Gießen. Er hielt ihn für einen neuen Planeten, den er zu Ehren des Rector magnificentissimus Dr. Ludwig, dem Universitätsgründer Landgraf Ludwig V., "Sidus Ludoviciana" benannte. Allerdings war der Stern schon 1616 von Benedetto Castelli, einem Schüler Galileis, am gleichen Ort beobachtet worden, er konnte also kein neuer Planet sein.
Das Sternbild Großer Bär ist auch für eine Vielzahl von DeepSky- Objekten bekannt, von denen die in der Grafik aufgeführten Objekte bereits in einem lichtstarken Fernglas sichtbar sind. Zu nennen ist da M81, eine Spiralgalaxie auf die wir schräg von oben schauen. Mit einem kleinen Teleskop ist visuell der hellere Kernbereich zu erkennen, die Spiralarme sind lang belichteten Aufnahmen vorbehalten. Ganz in der Nähe steht M82, diese Galaxie zeigt sich uns von der Seite. Visuell zu erkennen ist die unregelmäßige Struktur dieser Welteninsel, nebenstehende Aufnahmen vom Weltraumteleskop Hubble zeigt eine faserige Struktur, die vom Zentrum der Galaxie ausgeht. Nahezu 5 Millionen Sonnenmassen expandieren vom Kern aus – wo Astronomen ein gigantisches Schwarzes Loch vermuten – mit der unglaublichen Geschwindigkeit von 1000 Kilometer pro Sekunde!!! Noch ästhetischer erscheint die Galaxie M101 – wie ein gigantisches Feuerrad steht sie am Himmel. Bereits in größeren Amateurteleskopen sind die Spiralarme in sehr dunklen Nächten zu beobachten, so dass diese Galaxie, auf die wir direkt von oben blicken, den Namen „Feuerradgalaxie“ erhalten hat. Ein weiteres interessantes Objekt ist M97 – der sogenannte EULENNEBEL. M97 ist ein Planetarischer Nebel, in mittelgroßen Liebhaberfernrohren sind zwei dunkle Bereiche in dem zarten Nebelschleier zu erkennen, die an die Augen einer Eule erinnern.